ACHSENUMSTELLUNG AM KNIE

Bei O-Beinen kann es zu einer Überlastung und damit zu Knorpelverschleiß im inneren Anteil des Kniegelenks kommen, bei X-Beinen zu einem Knorpelverschleiß im äußeren Anteil des Kniegelenks. Um die überlasteten Anteile zu entlasten kann bei Vorliegen einer Achsenabweichung des Beines und entsprechenden Knorpelverschleißes an eine operative Achsenkorrektur (Umstellungsosteotomie) gedacht werden.

Die Achsenumstellung bei O-Bein wird meist am Schienbeinkopf durchgeführt (Tibiaosteotomie) (siehe Bilder rechts), die Achsumstellung bei X-Bein meist am knienahen Teil des Oberschenkelknochens (suprakondyläre Femurosteotomie) (siehe Bilder unten rechts). Sowohl Tibiaosteotomien als auch suprakondyläre Femurosteotomien können in additiver-aufklappender (open wedge) oder subtraktiver (closed wedge) Technik durchgeführt werden.

Die schließende hohe Tibiaosteotomie von lateral, wie von Coventry beschrieben, ist auch heute noch eine weit verbreitete Methode. Der Nachteil dieser Vorgehensweise besteht jedoch in der erforderlichen Fibulaosteotomie, die das Risiko einer Verletzung des N. peronaeus birgt. Darüber hinaus werden auch Dom- bzw. Pendelosteotomien beschrieben. Bei Valgusdeformitäten des Beines kann die Varisierung des Femurs sowohl durch eine Osteotomie mit medialer Keilentnahme als auch durch eine lateral öffnende Technik erzielt werden.

Es existiert eine Vielzahl von Fixationsmöglichkeiten einer proximalen Tibiaosteotomie oder einer distalen Femurosteotomie. Seit Entwicklung winkelstabiler Implantate werden die herkömmlichen Plattenosteosynthesen zunehmend zugunsten des Plattendesigns mit Gewindelöchern verlassen. Bei öffnenden OP-Techniken ist prinzipiell auch eine Stabilisierung der Korrektur durch Verklemmen von Knochenkeilen im aufgespreizten Osteotomiespalt ohne Verwendung weiterer Implantate möglich, dies ist jedoch deutlich instabiler. Bei der externen Fixationstechnik mittels Fixateur sind der geringere Komfort und vor allem das hohe Risiko einer Infektion der Pinstellen durch die lange Tragedauer zu bedenken.

Indikationen der Umstellungsosteotomie

  • unikompartimentelle mediale Gonarthrose bei valgisierender Tibiakopfosteotomie bzw. unikompartimentelle laterale Gonarthrose bei varisierender Femurosteotomie
  • Varus- bzw. Valgusdeformität der unteren Extremität
  • Patientenalter unter 65 – 70 Jahre
  • Patienten mit körperlichem Aktivitätsanspruch
  • präoperativer Bewegungsumfang des Kniegelenkes von mindestens E/F 0/10/120° als Begleiteingriff zu Knorpel- und Meniskuseingriffen
  • als valgisierend-flektierende oder ?extendierende Tibiakopfosteotomie bei zusätzlichen Bandinstabilitäten

Kontraindikationen der Umstellungsosteotomie

  • Arthrose und dritt- bis viertgradige Knorpelschäden im lateralen Kompartiment bei valgisierender Tibiakopfosteotomie bzw. im medialen Kompartiment bei varisierender Femurosteotomie
  • Außenmeniskusverlust bei valgisierender Tibiakopfosteotomie bzw. Innenmeniskusverlust bei varisierender Femurosteotomie
  • starkes Übergewicht
  • unzureichende Weichteilverhältnisse
  • Streckdefizit über 10°
  • systemische oder lokale Entzündungen
  • Nikotinabusus (relative Kontraindikation)

Nachbehandlung

  • Die Mobilisation beginnt ab dem 1. postoperativen Tag an Unterarmgehstützen unter Teilbelastung mit 15-20 kg. Der Zeitpunkt der Vollbelastung ist abhängig vom Eingriff (ob z.B. eine Knorpeloperation gleichzeitig durchgeführt worden ist) und von der Art der Fixierung der Umstellung. Der Bewegungsumfang des Kniegelenkes wird nicht limitiert, eine Schienenversorgung ist nicht notwendig. Bis zum vollständigen Erreichen der Vollbelastung sollte die medikamentöse Thromboembolieprophylaxe mit niedermolekularem Heparin unter regelmäßiger Kontrolle der Thrombozytenzahl beibehalten werden. Die krankengymnastische Nachbehandlung umfasst sowohl aktive als auch passive Beübungen. Die Hautfäden oder -klammern werden ca. am 12. postoperativen Tag entfernt.

Literatur

  • M. Galla, P. Lobenhoffer: Achsenfehlstellungen – Knie
    Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2, 2007, 21- 40