ROTATORENRISSE

Die Rotatorenmanschette ist eine Gruppe von vier Sehnen, die sich zu einer breiten Sehnenplatte vereinigen. Es sind die Sehnen des Supraspinatus-, Infraspinatus-, Teres minor- und Subscapularis-Muskels. Sie umhüllen den Oberarmkopf und sind zuständig für Rotationsbewegungen (deswegen der Name Rotatorenmanschette) und auch für Hebebewegungen des Armes.

Eine sehr wichtige Funktion ist jedoch die Zentrierung des Oberarmkopfes in der Schulterpfanne.

Wenn die Rotatorenmanschette defekt ist, kann es zu einem Höhertreten (Dezentrierung) des Oberarmkopfes kommen. Risse der Rotatorenmanschette betreffen meist den Supraspinatusmuskel. Es kommt zu Schmerzen beim Heben des Armes, aber auch zu nächtlichen Ruheschmerzen und zu Schwäche beim Heben des Armes.

Rotatorenrisse betreffen meist den Supraspinatusmuskel und sind häufig degenerativ bedingt. Es genügt dann oft ein eher banaler Sturz oder das Heben eines schweren Gegenstandes, dass es zum Riss der vorgeschädigten Sehne kommt. Die Patienten haben Schmerzen beim Heben und Drehen des Arms und nächtliche Schmerzen sowie Schwäche beim seitlichen Heben des Arms. Der Schmerz befindet sich meist flächig an der Oberarmaußenseite, typisch für einen Schmerz aus dem so genannten subacromialen Raum.

Subarcomialer Schmerz

Der Supraspinatusmuskel ist zuständig für das Seitheben des Armes.

(Video Empty can Test für den Supraspinatusmuskel)

Die Risse werden im Lauf der Zeit größer und können dann auch den Infraspinatusmuskel mitbetreffen – es kommt dann auch zu einer Schwäche der Außendrehung des Armes – der Infraspinatus ist für die Außendrehung zuständig. Die Risse des Subscapularismuskels sind häufiger durch einen Unfall  bedingt. Sie können bei Sturz auf den nach außen gedrehten Arm entstehen und führen zu einer Schwäche bei Innendrehung des Armes.

(Video Innenrotationstest für den Subscapularismuskel)

Zu Rotatorenrissen kann es auch bei Schulterluxationen des über Vierzigjährigen kommen, während der Rotatorenriss bei der Schulterluxation des jüngeren Patienten eher selten vorkommt. Auch Risse der langen Bizepssehne können ein Zeichen dafür sein, dass gleichzeitig ein Rotatorenriss vorliegt. Die Diagnose des Rotatorenmanschettenrisses kann mittels Ultraschall oder Kernspintomographie erfolgen. Auf dem normalen Rötgenbild können Rotatorenrisse erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt werden, wenn es zu einem Hochstand des Oberarmkopfes gekommen ist.

Die Risse der Rotatorenmanschette können in Teilrisse eingeteilt werden (Snyder Typ A, B,C) oder Komplettrisse (Bateman I-IV).Wenn eine Sehne komplett reißt, zieht sich zurück und der dazugehörige Muskel baut ab (Atrophie). In der Kernspintomographie lässt sich der Grad der Retraktion (Einteilung nach Patte) und der Atrophie (Einteilung nach Goutallier) beurteilen.

Zur Verwirrung der Patienten trägt bei, dass Radiologen und Orthopäden/Unfallchirurgen oft mit unterschiedlicher „Sprache“ sprechen. Für die Orthopäden/Unfallchirurgen liegt dann ein Komplettriss vor, wenn ein durchgehendes Loch in einer Sehne besteht. Für viele Radiologen liegt ein Komplettriss dann vor, wenn eine Sehne komplett abgerissen ist (z.B. die Supraspinatussehne). Rotatorenrisse sind gerade im höheren Alter sehr verbreitet und müssen deswegen bei älteren Patienten nicht immer zwingend operiert werden. Es kann erst ein Therapieversuch mit Krankengymnastik und Schmerztherapie durchgeführt werden. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die meisten Rotatorenrisse sich im Lauf der Zeit vergrößern, wobei es im Einzelfall unklar ist, ob dies rasch oder langsam geschieht. Ein spontaner Verschluss mit Ausheilung des Risses ist nicht möglich. Bei anhaltenden Beschwerden oder Zunahme des Risses sollte deswegen ein operatives Vorgehen gewählt werden, mit Verschluss des Risses (Video Suture Bridge – Fa. Arthrex) und Druckreduktion durch subacromiale Dekompresssion, indem der über Rotatorendefekt befindliche Knochen zum Teil abgetragen wird.

Rotatorenkonstruktion

Die arthroskopische Rotatorenrekonstruktion läßt sich auch ohne Verwendung von Ankern durchführen. Es werden dazu Kanäle durch den Knochen des Oberarmkopfes gelegt.

 (Video Arthrotunneler, Fa. Tornier)

Eine Entscheidungshilfe zur Operationsindikation bieten die Appropiate Use Criteria der AAOS: http://aaos.webauthor.com/go/auc/auc.cfm?auc_id=224792

Schmerzkatheter

Die Rehabilitation nach Rotatorenmanschettenrekonstruktion dauert sehr lange (siehe Rehaschema). Bei körperlich sehr schwerer Arbeit und Rekonstruktion eines großen Risses kann es bis zu einem Jahr dauern, bis die Arbeit wieder aufgenommen werden kann. Da die Rotatorenrekonstruktion in der Regel sehr schmerzhaft ist, führen wir größere Rekonstruktionen grundsätzlich nur mit einem Klinikaufenthalt durch, unter Verwendung eines Schmerzkatheters. Ein kleiner Schlauch dient dazu, dass nach der Operation der Patient mit Hilfe einer Pumpe sich selbständig bei Bedarf ein Schmerzmittel geben kann. Der Schmerzkatheter wird entfernt, sobald der Patient beschwerdearm ist.

Schmerzpumpe

Bei fortgeschrittener Atrophie der Muskulatur ist eine Rotatorenrekonstruktion nicht erfolgversprechend. Deswegen sollte eine Rotatorenmanschettenrekonstruktion möglichst noch im frühen Stadium durchgeführt werden. Subscapularisrisse sollten möglichst rasch operiert werden. Bei größeren Rotatorendefekten sind Versuche unternommen worden, den Defekt mit „Fremdmaterial“ zu decken. Autografts, Allografts, Xenografts und synthetische Implantate konnten sich bisher jedoch nicht durchsetzen.

Subacromialer Ballon (Quelle: Exactech)

Wenn der Defekt zu groß ist für eine Rekonstruktion, kann evtl. ein Muskeltransfer durchgeführt werden (z.B. Verlagerung des M. latissimus) oder an die arthroskopische Implantation eines Subacromialen Ballons gedacht werden.

Der Subacromiale Ballon wird über einen Minizugang unter arthroskopischer Kontrolle eingebracht (Videoanimation Ballon) und bewirkt eine Polsterung zwischen dem hochstehenden Oberarmkopf und der Schulterhöhe. Er erreicht eine Schmerzlinderung und ermöglicht damit eine Verbesserung der Beweglichkeit und ein besseres Beüben der verbliebenen Muskulatur (Video arthroskopischer Blick auf den Ballon).

Bei älteren Patienten (über 70 Jahre) und Verschleiß im Schultergelenk kann auch die Implantation einer inversen Prothese diskutiert werden. Bei dieser Prothese ist Kopf und Pfanne gegenüber der normalen Anatomie vertauscht. Dies führt zu besseren Hebelverhältnissen für den Deltamuskel, so dass eine verbesserte Beweglichkeit zu erwarten ist.

Inverse Prothese (Quelle: Tornier)