KNIEGELENKSENDOPROTHESE

Der künstliche Ersatz des Kniegelenkes hat sich nach dem Hüftgelenkersatz ebenfalls zu einem erfolgreichen Standardverfahren entwickelt. Da die Häufigkeit der Kniegelenksarthrose mit zunehmendem Lebensalter deutlich steigt, ist mit weiter steigenden Implantationszahlen von Knieendprothesen zu rechnen. Meist werden bikondyläre Oberflächenprothesen eingesetzt, mit einer Standzeit der Prothese > 90% im 10−Jahres−Zeitraum. Zur Haltbarkeit der Endoprothesen lässt sich ein zuverlässiger Überblick im Schwedischen Knie-Endoprothesen-Register gewinnen. (www.knee.nko.se/english/online/thePages/index.php).

Für einen Teil der Patienten mit umschriebenem Gelenkverschleiß (anteromedialer Arthrose) kommt die Versorgung mit unikondylären Schlittenprothesen infrage. Bei Patienten mit hochgradigen Achsabweichungen und kontrakten Weichteilen kommen teilgekoppelte oder gekoppelte Knieprothesen mit intramedullärer Verankerung zum Einsatz. Durch Anwendung von Navigationssystemen in der Knieendoprothetik kann die Implantationsgenauigkeit der Endoprothesen für die frontale Beinachse im Stand verbessert werden.

Die Navigation wird vom überwiegenden Teil der Hersteller als bildfreie Lösung mit intraoperativer Registrierung der Landmarken und Ermittlung der notwendigen Achsen realisiert. Der zusätzliche Zeitbedarf bei navigierten Knieendoprothesenimplantationen beträgt zwischen 10 und 20 Minuten. Wir verwenden ein Brainlab-System.

Die Indikation zur Implantation einer Knieendoprothese liegt bei einer Gonarthrose mit erheblichen Schmerzen, die nicht ausreichend durch konservative Therapie gebessert werden können, vor. Neben der schmerzhaften Bewegungsprüfung und einer Bewegungseinschränkung finden sich oft lokale Druckschmerzen. Die radiologische Darstellung zeigt einen eindeutigen Arthrosenachweis mit Gelenkspaltverschmälerung und degenerativen Gelenkveränderungen. Wie auch am Hüftgelenk ist eine operative Versorgung ohne Beschwerden des Patienten auch bei radiologischem Arthrosenachweis abzulehnen.

Fixierung der Endoprothese
Die zementierte Fixierung beider Prothesenkomponenten ist nach Registerdaten am zuverlässigsten (Lidgren et al. 2004). Für die Hybrid− oder zementfreie Verankerung sind die Revisionsraten gegenüber der zementierten Verankerung erhöht. Die Frage des Retropatellarersatzes ist weiterhin Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Aus dem schwedischen Register kann sowohl für den Retropatellarersatz als auch für die Belassung der Patella eine Revisionswahrscheinlichkeit von etwa 2% entnommen werden. Das Risiko einer Revision ist für die Patienten ohne Retropatellarersatz gering erhöht.

 

Individuell angepasste Endoprothesen
Die individuell angepasste Conformis iTotal Prothese ist insbesondere für jüngere Patienten mit fortgeschrittener Arthrose oder unikompartimenteller Arthrose mit fehlender Stabilität durch das vordere Kreuzband gedacht, bei welchen eine nur leichte Fehlstellung zu korrigieren ist, nur geringe Kontrakturen bestehen und der Bewegungsspielraum noch gut ist.

Anhand von 3D-Bilddaten wird das Implantat präzise der Gelenkoberfläche des Patientenknies angepasst.

Mit der iTotal Prothese kann der Operateur die Gelenkoberfläche des Knies bei nur minimaler Knochenresektion ersetzen. Dadurch, dass lediglich die Gelenkoberfläche ersetzt wird und die Knochenstruktur maximal erhalten bleibt, kann, falls erforderlich, später problemlos eine Total-Knie-Endoprothese eingesetzt werden.

 

Unikondyläre Knieendoprothetik

Schon vor der Entwicklung von bikondylären Oberflächenprothesen wurden unikompartimentale Knieendoprothesen eingesetzt. (Oxford-Schlitten – Video). Die Indikation zur erfolgreichen unikondylären Knieendoprothese ist an eine langfristige persönliche Erfahrung und an eine strenge Einhaltung der Indikationskriterien geknüpft. Mit unikondylären Knieprothesen sind gute mittel- bis langfristige Behandlungsergebnisse erreicht worden. Die Kniegelenkfunktion bleibt nach unikondylärer Endoprothetik fast vollständig erhalten.

 

Indikationen zur unikondylären Knieendoprothese sind:

  •  Arthrose begrenzt auf ein Kompartiment, vorwiegend medial
  •  intakte Kreuzbänder
  •  kein Streck− oder stärkeres Beugedefizit mit medialer Kapsel−Band−Kontraktur

In der radiologischen Diagnostik kann durch eine Stressaufnahme eine kontrakte mediale Gonarthrose ausgeschlossen werden. Entzündliche Gelenkerkrankungen mit eingeschränkter Knochenqualität stellen eine Kontraindikation zu dieser Maßnahme dar. Die von uns verwendete Oxford Endoprothese hat eine 10-Jahres-Standzeit von über 90%.

Auch wenn einige anatomische Studien einen Unterschied zwischen der Ausformung weiblicher und männlicher Kniegelenke beschreiben, ist die Implantation von „Frauen-spezifischen“ Implantaten umstritten (gender-specific knee). Die bisherigen Studien weisen keinen geschlechtsspezifischen Unterschied in den Behandlungsergebnissen auf (www.aaos.org/research/overviews/gsk.pdf).

Ebenso umstritten diskutiert wird die Implantation von High-Flexion-Knees, also Knieprothesen, die eine bessere Beugung ermöglichen sollen (Suggs et al).

Kleinerer Gelenkflächenersatz
Kleinere arthrotischgeschädigte Teilbereiche des Kniegelenks können mit Teilimplantaten wie z.B. „HemiCap“ ersetzt werden. Die minimalinvasive Operationstechnik beginnt in aller Regel mit einer Gelenksspiegelung (Arthroskopie). Mit Hilfe eines Videosystems in einer der zwei kleinen Stichinzesionen wird das Gelenk, das sich unter einem permanenten Wasserdurchfluss befindet, für das HemiCAP® Implantat vorbereitet. Nach Lokalisierung des Zentrums der Läsion wird mit hierfür speziell entwickelten Instrumenten über den zweiten Zugang die Verankerungsschraube in das Zentrum der Läsion gesetzt. Im weiteren Schritt wird die Kontur der Gelenkfläche vermessen, danach das Implantatlager hergestellt und dann das HemiCAP® Implantat gesetzt.

Körperliche Aktivität nach Knieendoprothese
Durch die Implantation einer Knieprothese werden funktionelle Beeinträchtigungen des Patienten verringert und häufig eine stärkere Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und sportlichen Aktivitäten möglich. Der erreichbare Aktivitätsgrad ist multifaktoriell bestimmt, kann jedoch anhand der präoperativen Leistungsfähigkeit abgeschätzt werden. Patienten mit stärkerer präoperativer Beeinträchtigung erreichen zwar die größte absolute Verbesserung, erreichen jedoch nicht eine gleich hohes Niveau wie Patienten, die bei einer weniger ausgeprägten Beeinträchtigung operiert worden sind. Die körperliche Aktivität ist günstig für die Knochenstruktur der Patienten und den Zustand der Muskulatur. Der Polyethylenabrieb ist stark von der Aktivität des Patienten abhängig. Nach experimentellen Daten scheint die Versorgung mit mobilen Plattformen eine relevante Reduktion des Abriebes zu gewährleisten. Einschränkungen sollten für besonders kniebelastende Aktivitäten wie z. B. Joggen, alpines Skifahren oder Sprungsportarten ausgesprochen werden. Empfehlenswert sind dagegen Sportarten wie Walken und Radfahren. Für weitere Bereiche von breitensporttauglichen Sportarten wie z. B. Skilanglauf existieren keine gesicherten Untersuchungen über die tatsächliche Belastung des Inlays.

Antibiotikaprophylaxe nach Endoprothesen bei zahnärztlichen Eingriffen

Sie haben eine Endoprothese an Hüfte, Knie oder Schulter implantiert bekommen und erwarten eine zahnärztliche Behandlung. Ist eine Antibiotikaprophylaxe notwendig, zum Schutz der Prothese?

Generell wird nicht zur Gabe von Antibiotika bei zahnärztlichen Eingriffen zum Schutz der Endoprothese geraten, es sei denn der Patient befindet sich in einem schlechten Allgemeinzustand. Dann kann z.B. Ampicillin gegeben werden. Selbst dann ist der Einsatz eines Antibiotikums jedoch umstritten.

Literatur:

Is there a Role for Antibiotic Prophylaxis Prior to Dental Procedures in Patients with Total Joint Arthroplasty? A Systematic Review of the Literature. Slullitel PA, Onativia JI, Piuzzi NS, Higuera-Rueda C, Parvizi J, Buttaro MA. J Bone Jt Infect. 2020 Jan 1;5(1):7-15.

Prosthetic Joint Infection After Dental Work: Is the Correct Prophylaxis Being Prescribed? A Systematic Review. Danilkowicz RM, Lachiewicz AM, Lorenzana DJ, Barton KD, Lachiewicz PF. Arthroplast Today. 2021 Jan 9;7:69-75.

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OC Bayreuth – Kniegelenkendoprothese

Literatur:

  • Aldinger PR, Clarius M, Murray DW, Goodfellow JW, Breusch SJ. [Medial unicompartmental knee replacement using the “Oxford Uni” meniscal bearing knee]. Orthopäde 2004; 33: 1277± 1283
  • Buckwalter JA, Saltzman C, Brown T. The impact of osteoarthritis: implications for research. Clin Orthop Relat Res 2004 Oct; 45 (427 Suppl): 6± 15
  • Duncan RC, Hay EM, Saklatvala J, Croft PR. Prevalence of radiographicosteoarthritis ± it all depends on your point of view. Rheumatology 2006; 45: 757± 760
  • Eike R, König A. Präoperative Planung der Knietotalprothese. In: Eulert J, Hassenpflug J, Hrsg. Praxis der Knieendoprothetik. Berlin: Springer Verlag, 2000: 33± 43
  • Kirschner S, Lützner J. Primäre Endoprothetik am Kniegelenk. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date , 2008, 177-194
  • Kohn D, Rupp S. Knieendoprothetik Operationstechnische Aspekte. Orthopäde 2000; 29: 697± 707
  • Lidgren L, Knutson K, Robertsson O. The Swedish Knee Arthroplasty Register. Annual report 2004
  • Lüring C, Bäthis H, Tingart M, Perlick L, Grifka J. Die navigationsgestützte Knieendoprothetik. Eine Standortbestimmung unter evidenzbasierten Kriterien. Dtsch Ärztebl 2005; 102A : 2320± 2325
  • NIH. Consensus Statement on Total Knee Replacement December 8±10 2003. J Bone Joint Surg 2004; 86A : 1328± 1335
  • Sharkey PF, Hozack WJ, Rothmann RH. Why are total knee arthroplasties failing today. Clin Orthop Relat Res 2002; 404: 7± 13
  • Whiteside L. Ligament Balancing Weichteilmanagement in der Knieendoprothetik. Berlin: Springer Verlag, 2004
  • Suggs JF, Kwon Y-M, Durbhakula S, Hanson GR, Li G, Rubash HE, Freiberg AA.: Comparison of in-vivo kinematics and contact in a conventional and a high flexion CRTKA design. Trans Orthop Res Soc. 2008;33: Paper no. 170.